Viele moderne Tools beschäftigen sich mit Optimierungen unserer Arbeitswelt. Ob mit farbenfrohen Klebchen gesammelt, gezeichnet und getextet wird oder mit anderen schöpferischen Methoden – die Ideen sprudeln, es wird geclustert und die Lösungen sind fertig. So innovativ zusammenzuarbeiten klingt einfach und sieht gut aus. Doch wie funktioniert ein kreativer Denkprozess wirklich? Wovon ist Ideenfindung abhängig und wie können wir sie unterstützen, ohne im Problem gefangen zu bleiben?

Auf diese und viele Fragen mehr gaben die Expert*innnen Sebastian F. Müller, Gründer von Sparklery, und Anastasia Held auf dem 31. Meetup der New Work Berlin Community am 28. Mai 2020 spannende Antworten. Sie stellten die SparkCanvas Methode vor und teilten damit Einblicke in eine Arbeitsmethode, die genau dieses kreative Geschehen beleuchtet. 

Sebastian ist ein Designer im IT Kontext und hat nach einigen Erfahrungen mit kreativen Methoden und Design Thinking Workshops vor 3 Jahren SparkCanvas als Ideation Methode entwickelt. Seitdem hat er SparkCanvas vielfach in Design Thinking Workshops, Design-Sprints, Innovationsprojekten und anderen agilen Kontexten erfolgreich eingesetzt.

Anastasia, hauptberuflich Product Ownerin für mobile Apps bei der LBBW, hat diese Methode bei ihrem Arbeitgeber mehrfach ausprobiert und leitet inzwischen mit Sebastian das SparkCanvas Meetup.

 

Ideenentwicklung in leicht – Die SparkCanvas Methode

Antrieb für SparkCanvas ist es, ein Kundenerlebnis zu verbessern oder ein Nutzerproblem zu lösen. Dazu wird zunächst für ein Kundenszenario (Use Case) eine Herausforderung (Challenge) ermittelt. Für diese wird eine Inspiration aus einem anderen Kontext gesucht, die als möglicher Zündfunke (Spark) für eine passende, neue Lösung dienen kann. SparkCanvas unterstützt die Transformation einer Inspiration zu einem Kundennutzen und hilft dabei zu erkennen, was der Kunde wirklich will.

Die SparkCanvas Methode läuft in einem 6-stufigen Prozess ab, der als Workshop an einem Tag durchführbar ist. Auf der Homepage der Methode gibt es frei verfügbare Karten und Inspirationen, die jeder nutzen kann: www.sparkcanvas.de

 

Die sechs SparkCanvas Schritte

  1. Use Case –  Kontext und Interaktion: Was beschäftigt den Kunden und was ist die Herausforderung?
  2. Challenges – Welche Herausforderungen gibt es in der Situation? Was soll verbessert werden? Was fehlt?
  3. Inspiration –  Eine Lösung aus einem ganz anderen Bereich ansehen und…
  4. Specialities –  … die Besonderheiten abstrahieren.
  5. Spark – Challenges werden mit Inspiration zusammengeführt. Es wird geschaut, ob sich daraus eine zündende Idee entwickelt und wie die Besonderheit eine Lösung für die jeweiligen Challenge sein kann.
  6. Prototype – Wie lassen sich die besten Ideen umsetzen? Ideen werden real getestet.

 

Szenario: Mehr soziale Nähe im Home Office

Für das Meetup wurde der Use Case schon vorgegeben: Mehr soziale Nähe im Home Office. Sicherlich ist das für viele ein brennendes Thema zur Zeit. Dazu wurde ein Video von einem Interview mit Josef (der Kunde für unser Übungs-Szenario) eingespielt, was den Startpunkt für unseren SparkCanvas Prozess darstellt. Seine drei größten Challenges, die wir alle wohl gerade sehr gut nachvollziehen können, sind die folgenden:

Auf digitalen Meetings gibt es nicht sehr viel Abwechslung. Auf Meetings faszinieren mich die Räumlichkeiten von anderen. Dieses Erlebnis habe ich bei virtuellen Meetings nicht.

Mir fehlen die spontanen Begegnungen mit anderen Menschen. Ein geplanter Kaffee ist nicht das gleiche, wie wenn man sich zufällig trifft und zusammen witzige Dinge erzählt.

Mir fehlt mein täglicher Weg zur Arbeit, mit dem Fahrrad am Rhein entlang. Sowohl als sportliche Aktivität, als auch als Zeit für Reflexion, in der ich nachdenken oder einen Podcast hören kann.

 

Die Gruppenarbeit beginnt mit der Inspiration

Nun beginnt der spannende und kreative Teil der SparkCanvas Methode. In einer sehr interaktiven Gruppenarbeit durchlaufen die Teilnehmer*innen des Meetups die drei Schritte Inspiration, Specialities und Spark. Dazu werden fünf Gruppen in Zoom Breakout Sessions aufgeteilt, die dann virtuell gemeinsam auf einem SparkCanvas arbeiten. Als digitales Whiteboard sind Miro Boards von Sebastian und Anastasia vorbereitet. Die Methode funktioniert auch mit anderen digitalen Boards ganz gut, beispielsweise wird Mural als Alternative empfohlen. Logischerweise funktioniert die SparkCanvas Methode auch im realen Leben, klassisch analog mit Post-Its und Whiteboards.

E-Learning

Beispiel einer SparkCanvas Inspiration Card

Das SparkCanvas Board beinhaltet einige vorgefertigte Inspirationskarten. Eine davon ist beispielsweise E-Learning: Google Grasshopper ist ein E-Learning Dienst, der unterwegs in kleinen Lernschritten das Programmieren lehrt. Zur Inspiration beschäftigt sich die Gruppe also jeweils mit einem völlig anderen Thema. Dieses hat ursprünglich gar nichts mit der eigentlichen Thematik zu tun. Das ist ein echter Mindshift für alle: auf zu einem Trip in völlig andere Gehirnregionen, weg vom Problem, hin zu anderen Lösungen. Im Beispiel wird also kurz recherchiert, wie Grasshopper funktioniert, was die Besonderheiten sind und wie es positioniert wird.

Von der Inspiration, zum Beispiel der E-Learning Plattform, werden anschließend dessen Specialties festgehalten, wie “Mache jeden Tag eine kurze Übung und komme voran ohne viel Zeit zu investieren”. Auf den Inspirationskarten der bereitgestellten SparkCanvas Boards sind schon Specialities vorgegeben, um den Einstieg zu erleichtern. Während des Meetups sind die Teams aber auch auf neue Ideen für Specialities gekommen, wie „Ich kann mich mit anderen Nutzern verbinden und zu einer Community zusammenwachsen„.

Die vorgefertigten Inspirationskarten müssen natürlich nicht genutzt werden. Wenn einer der Teilnehmer*innen eine spannende andere Inspirationsquelle hat, kann diese genauso gut verwendet werden. Ziel ist es, ein paar spannende Besonderheiten oder coole Ideen aus anderen Lösungen zu abstrahieren. Idealerweise vergisst man dabei den Use Case und die Challenges. Daher der Tipp: habe keine Lösung im Hinterkopf, sondern eine offene Haltung, um einen kreativen Raum für neue Lösungen aus ganz anderen Bereichen zu schaffen.

 

Die Ideen zünden: Spark

Dann kommt die Verknüpfung. Im Spark Schritt werden die Specialities mit den ursprünglichen Challenges einzeln verknüpft. Dann wird gemeinsam überlegt, ob sich daraus eine mögliche Idee für eine Lösung entwickeln lässt. Diese Sparks werden erstmal alle gesammelt auf dem Board.

Diese drei Schritte (Inspiration, Specialities, Spark) wurden jeweils von Sebastian und Anastasia angeleitet und dann in den fünf Gruppen bearbeitet. Tatsächlich entstanden daraus sehr coole und praktikable Ideen. Diese wurden zum Abschluss des Meetups dem Kunden Josef präsentiert, der ins virtuelle Meetup hinzu kam. 

 

Sparks für mehr soziale Nähe im Home Office

  • Ein Chatbot, dem ich mitteilen kann, womit ich mich aktuell beschäftige: Dieser schlägt mir dann Kollegen vor, die sich mit ähnlichen Themen beschäftigen und sich dann direkt austauschen können. Dies kann auch ein Bild sein oder ein Song oder was einem gerade einfällt. Hier darf auch einfach eine witzige Geschichte aus dem Alltag geteilt werden (dabei wird auch Storytelling geübt).
  • Chatroulette mit Kollegen: Ich werde einem Arbeitskollegen zufällig zugeordnet und habe einen gemeinsamen Videocall für ein paar Minuten.
  • Ein virtueller Kaffee-Küchenraum, der immer offen ist: Hier können sich Kollegen spontan treffen und auch ohne Arbeitskontext austauschen, small talken, etc.  
  • Gemeinsame Spaziergänge mit Handy und Video-Call: Die Umgebung zeigen und vorstellen, Blicke in die Natur teilen. Dabei kommt jeder mal raus und bewegt sich.
  • Gemeinsames Mittagessen: Wie in der Kantine, nur per Video Call.
  • Wir stellen uns gegenseitig unseren Home Office Arbeitsplatz vor oder bieten einen Rundgang durch die Wohnung an, um Nähe zu schaffen. 
  • Virtuelle Meetings im Wohnzimmer der Kolleg*Innen: Wer mag lädt also zu sich ein und zeigt dann zum Beginn eines Meetings sein Wohnzimmer oder Arbeitszimmer. Zukünftig haben dann alle Teilnehmer eines Meetings VR-Brillen auf und sitzen wirklich gemeinsam im selben Raum.

 

SparkCanvas – ein New Work Ideation Tool 

In der modernen Arbeitswelt gibt es sicht ständig ändernde Voraussetzungen und uneindeutige Situationen. Die klassischen Vorgehensweise funktionieren einfach nicht mehr. Es braucht ständig neue Ideen und Lösungsansätze. Hier kann die SparkCanvas Methode eine tolle und kreative Unterstützung bieten. Sie hilft dabei, über den Tellerrand zu schauen und fördert den Ideenfindungsprozess im Team. Durch den Fokus auf gut funktionierende und erfolgreiche Lösungen in der Inspirationsphase wird eine positive Arbeitsatmosphäre geschaffen und die Freude am Problemlösen steigt. Dies wurde im New Work Berlin meets SparkCanvas MeetUp sehr deutlich. Der zündende Spark war in allen Gruppen zu spüren. In einer realen Arbeitsumgebung kann im Anschluss sofort die Prototyp-Phase beginnen um erste Umsetzungen zu ermöglichen. Wir empfehlen Interessierten diese Methode und freuen uns auf Feedback und eure Erfahrungen.

 

Unsere Gastautoren

Jens Hündling – Foto von studioafraz.com

Jens Hündling ist freier Trainer und Coach für digitale Transformation und New Work. Als ehemalige IT-Führungskraft kommuniziert er lieber mit Menschen als mit Maschinen und entwickelt leidenschaftlich Teams und Organisationen. Vor allem mit ostfriesischem Humor. Mehr über ihn unter https://dr-huendling.de

 

 

 

Heidi Dommaschke

Heidi Dommaschke begleitet als Trainerin, Mediatorin und Coach Menschen und Organisationen im Wandel. Besonders am Herzen liegen ihr neben Inner Work, Resilienz- und Ressourcenarbeit vor allem die Weiterentwicklung von Kommunikations- und Konfliktkompetenz. Dabei treibt sie die Frage um, wie wir leben und arbeiten wollen und wie wir die Umgebung dazu aktiv mitgestalten können. www.hundred-ways.com

 

 

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